Info zur Bauchableitung bei Kindern


Datum 08.07.2003 20:36:18
Thema Info

Laparoskopisch assistierte abdominale
Shuntrevision bei Kinder mit Hydrocephalus internus
(Inspektion der Bauchhöhle mit einem starren Spezialendoskop)

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Die ungestörte geistige Entwicklung von Kindern mit Hydrocephalus internus sowie die Vermeidung von Hirnatrophie (Hirnabbau) und lebensbedrohlichen Hirndruckkriesen wird nach Shuntoperation enschieden von der Funktionstüchtigkeit des Ableitungssystems beeinflußt. Vielfältige Komplikationen sind bekannt, Infektionen des Ableitungssystems, Verstopfungen und Disklokationen (Falschlage des Katheters) im Katheterverlauf, Ventilkomplikationen, Dekonnektionen (Abtrennung der Katherterverbindung) und wachstumsbedingte Störungen sein genannt.


Abdominale Ableitungsstörungen (bauchwärts gelegene Ableitungsstörungen) können in jedem Lebensalter des Kindes auftreten. Die Revisionsoperationsstatistiken großer Klinken weisen in etwa zu einem Drittel abdominale Ableitungskomplikationen aus. Der zu kurz gewordene Bauchkatheter und der Nachweis von Zystenbildung im Bauchraum (gekammterte oder ungekammterte Hohlräume im Bauchraum, welche die Wiederaufnahme drainierter Hirnflüssigkeit durch das Bauchfell beeinträchtigen), sind häufig die Ursachen der abdominalen Ableitungsstörungen (Tab. 1). Aus dem Gesagten ist zu schlußfolgern, daß sich die Mehrzahl dieser Ableitungsstörungen durch Verlängerung des Bauchkatheters zuverlässig beheben läßt (Tab. 2).

Ursachen abdominaler Ableitungsstörungen
bei 58 Kindern mit
Hydrocephalus internus (1993-1996) Anzahl
Patienten
Bauchkatheter zu kurz 40
Zystenbildung im Bauchraum 9
Abriß des Bauchkatheters 3
Dislokation des Bauchkathetes 4
Katherterverstopfung 1
Katherterinfektion 1

Tabelle 1
Korrektur abdominaler
Ableitungsstörungen bei 58 Kindern
(1993-1996) Anzahl
Patienten
Verlängerung des Bauchkatheters 52
Ableitungsumwandlung in das rechte Herz 4
Ableitungsentfernung 1
Neuanlage der Ableitung 1
Tabelle 2

Problem
Technische Schwierigkeiten bei wiederholten Operationen an sehr langen im Körper befindlichen ventrikuloperationalen Ableitungssystemen, Probleme beim Auffinden der freien Bauchhöhle infolge Zystenbildung oder Verklebung zwischen den Darmschlingen und zeitaufwendige, manchmal auch erfolglose Suche nach abgerissenem Kathetermaterial waren für uns Anlaß, die Möglichkeit videoassistierter Technik bei der abdominalen Ableitungskorrektur zu prüfen. Das laparoskopische Instrumentarium, welches über nur milimetergroße Bauchwandwunden in die Bauchhöhle eingebracht wird, bietet als optisches Gerät den Vorteil, eines hervorrangenden Überblicks über die gesamte Bauchhöhle und als Operationsinstrument die Möglichkeit zur Manipulation und zur operativen Handlung im Bauchraum.

Operationsinstrumentarium
Neben vorhandener Videotechnik und laparoskopischem Instrumentarium wird ein konfektioniertes Katheteriumplantationsset benötigt (Abb. 2). Durch Verwendung eines röhrenförmigen laparoskopischen Instruments mit nur 3,2 mm Außendurchmesser (Optikveresnadel), welches über den Nabel in den Bauchraum eingestochen wird, ist der Einsatz einer 3 mm Optik zur Beurteilung des Bauchinnenraumes möglich und ausreichend
Operationstechnik bei zu kurzem abdominalen Katheter
Das durch Wachstum des Kindes oder anderer Ursachen aus dem Bauchraum herausgeglittene periphere Katheterende, welches meist im Bereich des rechten Oberbauches gelegen ist und dort auch ertastet werden kann, wird über einen kleinen Hautschnitt dargestellt und vor die Wunde gebracht (Abb. 4).
Signalisiert der Abfluß von Hirnwasser aus dem bereiten Katheter die Funktionstüchtigkeit der zentralen Ableitungsstrecke, wird der Bauchkatheter durch Ankoppeln von Ableitungsschlauch über die Metallmuffe auf das erforderliche Maß verlängert (Abb. 5). Mittels einer über den Nabel eingestochenen Hohlnadel (Optikveresnadel) erfolgt sodann die Anlage eines Pneumoperitoneums, das heißt, die Füllung des Bauchraumes mit einem CO2 -Gas. Durch diese Gasfüllung wird die Bauchhöhle erweitert, die Bauchdecke hebt sich von Darmschlingen und Bauchorganen ab. Die über die Punktionskanüle (Optikveresnadel) eingebrachte Optik gestattet nun einen guten Überblick über die gesamte Bauchhöhle - das Bett des zu kurz gewordenen Bauchkatheters kann geortet, Zystenbildung erkannt und abgerissenes Kathertermaterial möglicherweise über einene zweiten Zugang entfernt werden. Nach Inspektion der Bauchhöhle kann diese, immer unter endoskopischer Sicht, von der Oberbauchwunde her gezielt punktiert werden.In Seldinger-Technik (Einführen der Implantationskanüle über einen Draht als Führungsschiene) gelingt dann die Plazierung des Bauchkatheters mit dem Implantationsbesteck mühelos. Laparoskopische Aufnahmen zeigen den Eintritt der Punktionskanüle in den Bauchraum (Abb. 8a), die in Seldingertechnik über einen Führungsdraht eingebrachte Führungshülse (Abb. 8b) und den Durchschnitt des abdominalen Katheters durch die Führungshülse in die freie Bauchhöhle . Der Verschluß der kleinen Wunde beendet die Operation.
Videoassistierte Operationen bei pädiatrischen Patienten mit Hydrocephalus internus und abdominalen Shuntkomplikationen werden in der Literatur bisher nur in Einzelfällen dargestellt. Wir empfehlen das von uns vorgestellte Procedere bei abdominaler Ableitungsstörung durch zu kurzen abdominalen Katheter oder Zystenbildung sowie bei Katheterdislokation in den Bauchraum. Der Eingriff ist relativ einfach durchzuführen, die Übersicht in der Bauchhöhle ist gut, die Operationszeit ist kurz, das kosmetische Resultat ist, auch bei adipösen (fettleibigen Patienten) Patienten, vorzeigbar und die Krankenhausverweildauer wird reduziert.
Diesen aufgezeigten Vorteilen stehen hohe Kosten für laparoskopisches Instrumentarium, Videotechnik und die ausschließliche Verwendung von konfektionierten Einwegmaterialien gegenüber. Die Grenzen der Methode liegen in allen Situationen, die mit einer Verminderung der Resorptionsfähigkeit (Aufnahmefähigkeit für Hirnwasser) des Bauchfells einhergehend.
Abschließend sei bemerkt, daß auch oder gerade laparoskopische Operationstechniken bei Hydrocephalus internus in der Hand von mit dem speziellen pädiatrischen Krankengut vertrauten Ärzte und Operateuren verbleiben müssen.

Gräfe, G. und Brock, D.

Korrespondenzanschrift:
Prof. Dr. med. habil. G. Gräfe
Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie
Querenstraße 25

04103 Leipzig

PS: Zur letzten Anmerkung möchte ich als HC-Betroffene allerdings anmerken, dass die Hirndruckproblematik inklusive der Ventiltechnik zur Regulierung des Hirndrucks und die damit verbundenen Probleme und Lösungen grundsätzlich neurochirurgische Probleme sind. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit im Hinblick auf atriale und peritoniale Ableitungen - besonders bei schwierigen Verläufen im Bereich der unteren Ableitungsmöglichkeiten wäre für die Betroffenen allerdings wünschenswert. Die Kinderchirurgie allein, ist aber auch hier oft nicht ausreichend spezialisiert, wie das vergleichsweise in der Erwachsenenversorgung der Fall ist.
Die Neurochirurgische Fachdisziplin bleibt m.E. aber - allein aufgrund möglicher Komplikationen im Bereich des Kopfes und dessen Folgeauswirkungen auf das Gehirn - die maßgebliche Behandlungsinstanz für Patienten mit Hydrocephalus.

Grundsätzlich ist es sehr bedauerlich, dass die Behandlung von Kindern mit neurochirurgischen Problemen in Deutschland nicht klar geregelt ist. So reicht es m.E. nicht aus, wenn es z.B. nur einen Lehrstuhl f. (Kinder-)neurochirurgie in Deutschland gibt (Prof. Sörensen Würzburg). Auch ist es m.E. aus eigenen Erfahrungen in der Kinderchirurgie heute für mich fraglich, wenn z.B. nur Hydrocephalus und die Erstversorgung von Spina bifida von Kinderchirurgen operiert werden, sonst aber keine neurochirurgischen Eingriffe augrund der fehlenden Facharztausbildung im Bereich Neurochirurgie vorgenommen werden (können!). Was ist, wenn aufgrund der fehlenden neurochirurgischen Kenntnisse Probleme nicht rechtzeitig erkannt und gelöst werden können? Oder geht man davon aus, dass die Hydrocephalusbehandlung wie ein Schnupfen von "jedem" behandelt werden kann?

Spezialisierte Kinderchirurgen im Bereich der Kinderneurochirurgischen Versorgung ist mir persönlich in Deutschland nur einer bekannt - Prof. Höpner (Münschen-Schwabing). Die meisten anderen Kinderchirurgen dürften aber andere Behandlungsschwerpunkte haben, die nichts mit neurochirurgischen Problemen bei Kindern zu tun haben.


Dieser Artikel stammt von der Webseite Die Welt der Medizin und des Hydrocephalus
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