Autor | anonymous |
Datum | 09.11.2002 18:10 |
Beiträge: | Hallo Rita,
was die Erklärungen zu den Auswirkungen des HC angeht, habe ich auch ziemlich große Probleme, das verständlich rüberzubringen. Was soll man sich auch schon unter Hirndruckschwankungen vorstellen? Ich habe dann oft das Gefühl, daß die Leute eben irgendetwas Sichtbares (z.B. ein Behinderungssymbol) brauchen, um nicht an den Schilderungen zu zweifeln. Oft heißt es dann auch - ich bin ja auch mal müde oder habe auch mal Kopfschmerzen. Solche Sätze machen mich dann schon ganz schön wütend, denn wenn ich "nur auch mal müde wäre oder nur auch mal Kopfschmerzen hätte", würde ich bestimmt nicht mal eben auf 50 % Gehalt verzichten. Man hat dann doch sehr schnell den Eindruck in die Ecke des Faulenzers gestellt zu werden. Von Ärzten wird man dann nicht selten in die Ecke des "Depressiven" gestellt, der nicht mehr in der Lage ist unter Leute zu gehen und zu gar nichts mehr Lust hat. Auch das ist völliger Quatsch und geht völlig am Kern des Problems vorbei. Leider machen sich die meisten aber wenig Mühe mal genauer hinzusehen oder auch zu verstehen, auf wieviel Lebensqualität man durch dieses Problem verzichten muss - und zwar unfreiwillig! Manchmal habe ich dann einfach keine Lust mich immer und immer wieder zu erklären. Die Folge ist oft ein Rückzug oder die absolute Überforderung, denn ich habe schon ziemlich große Probleme damit, wenn man mich als faul bezeichnet. Meine Krankheitszeiten und meine Überstunden dürften zumindest kaum darauf schließen lassen. Im Moment habe ich aber glücklicherweise einen Arbeitgeber, der doch ziemlich viel Verständnis für die körperlichen Einschränkungen der gehandikapten Mitarbeiter aufbringt. Trotzdem habe ich immer noch Probleme meine Grenzen der Belastbarkeit deutlich zu machen, da frühere Erfahrungen einfach noch sehr tief sitzen und sich nicht mal eben unter den Teppich kehren lassen. Ich hoffe, daß ich das Thema bei unserer nächsten Supervison ansprechen kann und für mich dann einiges klären kann. Das verrückte daran ist, daß ich eine Kollegin habe, die Rollifahrerin ist. Bei ihr habe ich ganz stark das Gefühl, daß sie aufgrund ihrer offensichtlichen Behinderung schon sehr früh gelernt hat, sich durchzusetzen und ihre Bedürfnisse auch sehr stark einzufordern. Problem ist nur, daß sie das auch auf dem Rücken der anderen macht und das auch maßgeblich auf meine Kosten geht, denn sie ist wenig kompromißbereit. Da ich aber früher oft von Ärzten zu hören bekommen habe, daß ich ja eigentlich gar kein Problem - schon gar keine Behinderung habe, habe ich auch nie gelernt mit meinen Einschränkungen offen umzugehen. Ganz im Gegenteil, es war lediglich ein Makel, den man zu unterdrücken hatte. Wahrscheinlich ist es für mich gerade aus diesem Grund so schwer, es heute eben anders zu machen, denn das der HC für mich heute eine nichtoffensichtliche Behinderung ist, daran ist nicht zu rütteln - auch wenn so mancher Neurochirurg diese Äußerung als Resignation werten würde. Letztlich stellt sich doch die Frage, was bringt es, die nicht wegzudiskutierenden Einschränkungen immer zu leugnen und so zu tun als wären sie nicht vorhanden? Wer hält denn so eine Lüge auf Dauer durch? Liebe Grüsse Sonja |
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