Autor anonymous
Datum 19.07.2024 16:12
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Hallo in die Runde.

Auch wenn die Diskussion schon eine Weile ruht, möchte ich gerne meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema beitragen und damit hoffentlich den zukünftigen Lesern weiterhelfen. Das ist mein erster Forenbeitrag überhaupt, also seid bitte nachsichtig, falls etwas fehlerhaft sein sollte. Danke!

Ich bin 23 Jahre alt und selbst VP-Shunt Patient bei angeborenem Hydrocephalus. Ich studiere außerdem seit mehreren Jahren Medizin. Da ich meine Ableitung schon seit über 19 Jahre habe, kann ich von genau dem Fall berichten, den der andere anonyme Nutzer angesprochen hat. Meine Ventrikel sind laut dem Radiologen schlank konfiguriert. Aber alles innerhalb der Norm. Also ich habe keine Schlitzventrikel oder Ähnliches. Ich habe seit über 14 Jahren das selbe (Kinder)Ventil + Gravitationseinheit mit einer festen Druckstufe (09/29 cm H2O). Trotz des Wachstums komme ich damit noch super zurecht, weil das Gehirn die Produktion des Liquors daran angepasst hat bzw. der Körper sich daran gewöhnt hat.

Durch die ständige Ableitung des Hirnwassers über viele Jahre bei der gleichen Druckstufe wurden meine Ventrikel starr. Normalerweise unterliegt die Größe der Ventrikel gewissen Schwankungen abhängig von verschiedenen Faktoren. Die inneren Wände können das gut abpuffern, da sie beim Gesunden elastisch sind. Da bei mir aber immer ab einem bestimmten Hirndruck das Ventil öffnete, mussten sich die Wände meiner Ventrikel nicht mehr anpassen und sind deshalb über die Jahre starr geworden. Das bedeutet konkret, dass bei mir im Falle eines Ventildefekts mit Unterdrainage die Größe der Ventrikel gleich bleibt und auf CT und MRT Bildern keine Unterschiede sichtbar sind. Die Ventrikel können sich einfach nicht mehr weiten. Das heißt also auch der Radiologe wird in dem Fall einen unauffälligen Befund beschreiben.

Da ich vor 4 Monaten einen akuten Shuntdefekt erlitten hatte, der zur Unterdrainage geführt hat, musste ich in meiner neuen Klinik genau diese Problematik mit den Neurochirurgen erörtern. Dort war das Phänomen der "starren Ventrikel" ebenfalls nicht geläufig. Das MRT, das gemacht wurde, war wie erwartet, unauffällig. Deshalb hat man mit der Entscheidung zur OP auch lieber noch warten wollen. Da ich aber unter starken Kopfschmerzen mit Erbrechen litt, habe ich sie quasi dazu genötigt. Bei der OP kam der Liquor nach Abstöpseln des oberen Schlauches vom Ventil dann laut Ärztin wohl herausgeschossen. Was dafür sprach, dass der Druck deutlich zu hoch gewesen sein muss und meine Symptome erklärte. Nach der OP ging es mir wieder wie vorher. Das "Gute" an starren Ventrikeln ist, dass ich bei einem Shuntdefekt ziemlich schnell mit starken Kopfschmerzen reagiere, die auch mit einfachen Schmerzmitteln nicht weggehen. Dadurch weiß ich persönlich ziemlich gut, dass wohl etwas mit meinem Shunt nicht stimmt und kann frühzeitig reagieren.

Bitte verzeiht den langen Text. Ich hoffe, ich konnte damit einen weiteren Denkanstoß für diejenigen liefern, die sich vielleicht mal in einer ähnlichen Situation befinden werden, in der die Ärzte nicht den Shunt als Ursache für ihre Symptome sehen.

Zum Abschluss würde ich gerne noch ein persönliches Anliegen ansprechen: Bedenkt bitte, dass jedes CT enorm viel Strahlung produziert, die am Ende nach Jahren Krebs erzeugen kann. Auch wenn viele Ärzte ein CT anfordern, sollte man immer kritisch hinterfragen, ob nicht auch ein MRT gemacht werden kann. Klar gibt es viele Ventile die nicht MRT-tauglich sind. Aber sollte das Ventil MRT-tauglich sein, würde ich trotz der längeren Dauer ein MRT vorziehen. Shuntpatienten haben ihr ganzes Leben lang das Risiko untersucht werden zu müssen. Deshalb sollte man jede Strahlenbelastung gut begründen, denn am Ende addieren sich alle Untersuchungen auf. Natürlich gibt es gute Gründe ein CT zu machen und man sollte deshalb nicht gleich jedes CT verweigern. Dennoch wäre es gut, immer zu hinterfragen, ob der Arzt nicht gerade ein CT anstatt eines MRTs macht nur weil der MRT öfter belegt ist.

Viele Grüße

Ben


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Dieser Artikel kommt von: Die Welt der Medizin und des Hydrocephalus

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