Autor | anonymous |
Datum | 21.09.2002 15:56 |
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Hallo Anne und Michaela, ich habe mich sehr über Eure offenen Berichte gefreut und bin auf weitere Erfahrungen gespannt. Insgesamt habe ich bei Euren Erfahrungen schon das Gefühl, daß sich zumindest für den Kinderbereich durch aus schon einiges getan hat. Berichte, die ich schon von neubetroffenen Erwachsenen gehört habe, waren hier leider oft sehr viel weniger erfreulich. Ein großer Vorteil scheint mir aber heute zu sein, daß es vor allen Dingen auch durch das Internet für Eltern und Betroffene sehr viel leichter ist an Informationen heranzukommen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Einen großen Bedarf würde ich schon darin sehen, auch Ärzten eine psychologische Grundausbildung im Umgang mit Patienten zukommen zu lassen. Hier fallen doch nicht so selten plumpe Sätze, die einen dann ein Leben lang verfolgen. Wichtig für Eltern und neubetroffene Erwachsene, wären vor allen Dingen mehrere Gespräche, damit man Zeit hat, den ersten Schock zu verdauen. Fragen tauchen dann schon von ganz allein auf, wie Du es ja auch beschrieben hast (Anne). Ein Problem dürfte allerdings bleiben. Vorhersagen und Prognosen können auch heute noch kaum getroffen werden, denn letztlich können auch die Ärzte die Entwicklung der Erkrankung nicht vorhersagen. Wie falsch man da liegen kann, mußten meine Eltern hier auch erfahren, denn statt den angekündigten zu erwartenden Pflegefall bin ich heute Dipl. Sozialpädagogin und führe mein eigenes Leben. ....aber auch - statt ohne Shunt leben zu können sind bereits 34 Operationen durchgeführt worden und ich kann heute auch nur eine eingeschränkte Berufstätigkeit ausüben. Auch werden Belastungen durch Notoperationen bei HC wohl nie ganz vermieden werden können, denn ein abruptes Herausreißen aus dem Alltag hinterläßt Spuren und auch die Angst, ob nach einer OP wieder Ruhe einkehrt oder wieder mehr Probleme auftauchen. Hier hätte ich mir so manches Mal sowohl für die Angehörigen als auch für mich selbst eine psychologische Unterstützung gewünscht. Auf Informationsmaterial bin ich zum ersten Mal 1991 gestoßen. Eine Krankenhausbekanntschaft wies mich damals auf die ASbH hin. Diese hatte einen HC-Ratgeber von 1986, kurze Zeit später erschien ein weiterer Ratgeber. Die habe ich quasi verschlungen, denn nach vorangegangen 13 Operationen in 1 1/2 Jahren wollte ich wissen, wie es dazu kommen konnte. Ich war damals 17 Jahre alt. Ich fing an Fragen zu stellen - viele Fragen. Und ich stoß bei meinem Neurochirurgen zu dem ich von meinem damaligen Kinderchirurgen kurz vorher hastig (nach viel zu langem zögern) überwiesen worden war - (man hatte mich damals aufgegeben) auf offene Ohren. Heute bin ich sehr viel kritischer und misstrauischer gegenüber Ärzten geworden - und ich entscheide maßgeblich mit, was ich noch zulasse und was nicht. Darüber hinaus mache ich in meiner derzeitgen Ausbildung zur Klientenzentrierten Gesprächsführung n. Carl Rogers auch die Erfahrung, den Stellenwert der eigenen (emotionalen) Wahrnehmung sehr ernst zu nehmen. Auch wenn dies von Ärzten oft als subjektives Geplenkel abgetan wird, so machen viele (Michaela sprach hier z.B. von intermittierendem Hirndruck u. Ventrikelstarre) die Erfahrung, daß die derzeitigen objetiven Verfahren versagen können und unsere Wahrnehmung deshalb um so wichtiger ist. Bleibt zu hoffen, daß diese Erkenntnis auch bei einigen Ärzten irgendwann ankommen wird. Was die Aussage "Einmal Shut immer Shunt" angeht, so kann diese Aussage genauso wenig zustimmen, wie, daß sehr viele irgendwann ohne Shunt leben können. Ich persönlich kenne eine HC-Betroffene (ehemaliges Frühchen), die den Shunt nicht mehr brauchte, auch bei einer Reihe von Spina Betroffenen habe ich erlebt, daß diese offensichtlich nicht mehr auf ihren Shunt angewiesen waren. Z.T. mag hier die Ursache eine Rolle spielen, aber ich glaube nicht, daß man letztlich genau sagen kann, warum der eine das Glück hat und der andere eben nicht. Was Sport angeht, so glaube ich persönlich, daß solange der Betroffene selber keine Probleme bekommt, man Kinder hier nicht bremsen sollte. Ich selbst habe über reiten, skifahren, tanzen und sogar trampolinspringen mit Shunt alles gemacht. (Bei Trampolin springen ist meinem Neurochirurgen allerdings der Kragen geplatzt - grins.) Aufgrund der verschleppten Shuntprobleme in der Pubertät (nicht durch die Sportaktivitäten selbst!) ist heute davon allerdings absolut gar nichts mehr möglich. Ich denke, daß es gerade für Kinder mit Behinderung wichtig ist, selbst ihre Grenzen zu finden und sich auszuprobieren. Für die Eltern mag das so manches Mal mit Angst verbunden sein. Sie verhelfen ihrem Kind aber damit m.E. zu sehr viel mehr Selbstsicherheit und einem guten Selbstwertgefühl, was man gerade mit Behinderung sehr viel mehr braucht, um in dieser vermeintlich perfekten Gesellschaft bestehen zu können. Liebe Grüsse Sophie |
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